Geschichte des Carolinenhofes in Neuharlingersiel

Vor 1854

Am 6. Juni 1826 wurde eine Hofstelle am Ort des jetzigen Carolinenhofes zur Größe von 65,5 Diemat für 9.605 Reichstaler Gold von dem bisherigen Eigentümer Remmer Ommen Popken an Eilt Siebels veräußert und später auf dessen Sohn Siebelt Siebels übertragen. Siebelt Siebels war Deichrichter und Kirchen- und Armenvorsteher in Werdum.
Beim Umbau der Scheune des Carolinenhofes im Jahr 1980 stieß man dann auch auf Fundamentreste für eine Giebelwand, die innerhalb des heutigen Scheunengebäudes lagen, was auf eine etwas kürzere Scheune hindeutet. Und in der Brandmauer des heutigen Carolinenhofes, zwischen Wohnhaus und Scheune, wurden Ziegelsteine im Klosterformat (wieder-)verwendet, die man um 1850 so nicht mehr herstellte.

1854

Nach der Inschrift im Giebel ist der Carolinenhof „Anno 1854“ erbaut worden. Bauherr war Siebelt Siebels, der also an Stelle eines Vorgängerbaus einen Neubau errichtete. Der Sandstein im Giebel mit einem geschwungenen „S“ ist das äußere Zeichen. Ob die Reliefplatte mit den Engeln und dem Lorbeerkranz im Wohnhausgiebel ebenfalls einen Bezug zur Familie Siebels haben, ist nicht bekannt.
Der Carolinenhof wurde als Gulfhof erbaut. Dabei handelt es sich um eine Bauernhausform, die auch Gulfhaus oder Ostfriesenhaus genannt wird und sich im 16. und 17. Jahrhundert in Norddeutschland verbreitete. Typisch für einen Gulfhof ist, dass er aus einem Vorderhaus und der direkt angebauten Scheune besteht und als Holzgerüstbau in Ständerbauweise gebaut wird.

1898

Im Jahr 1898 erwarb Dr. Georg Eucken-Addenhausen den Carolinenhof von den Erben des verstorbenen Deichrichters Siebelt Siebels. Der Hof war bis dahin an Johann Siebels verpachtet, der als Sohn des Deichrichters auch einer der Erben war. Der Kaufvertrag ist erhalten geblieben und befindet sich im Familienbesitz.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass Dr. Georg Eucken-Addenhausen im Jahr 1855 von seiner Majestät, dem König Georg V. von Hannover, den Namens-Zusatz “-Addenhausen” als Patengeschenk erhielt und im Jahr 1906 durch den Großherzog von Oldenburg, Friedrich August, in den Adelsstand erhoben wurde. Von da an nannte er sich Dr. Georg von Eucken-Addenhausen.

1901

Bezirksdirektor Dr. Eucken-Addenhausen zu Eisenach verpachtete den Carolinenhof im Jahr 1901 an Martin Becker zu Anderwarfen. Der Vorpächter hieß „Graalfs“. Zum Hof, damals „Gut Drennhausen 1“ genannt, gehörten 48 ha, 19 ar und 58 qm an Ländereien, fünf Kirchensitze und drei Gräber in Werdum. Der Pachtvertrag aus dem Jahr 1901 lief zunächst bis 1908. 1906 wurde ein Pachtvertrag für die Jahre 1908 bis 1920 geschlossen und im Jahr 1919 für die Jahre 1920 bis 1926. Die Pachtverträge  sind erhalten geblieben und befinden sich im Familienbesitz.

1909

Im Jahr 1909 erwarb Dr. Georg von Eucken-Addenhausen auch noch den Mathildenhof. Sein Großvater hatte bereits 1825 den Sielhof in Neuharlingersiel und den Hof (Alt Addenhausen) in Addenhausen gekauft. Somit gehörten sehr umfangreiche Ländereien um den etwa 1700
entstandenen Hafen in Neuharlingersiel der Familie von Eucken-Addenhausen. Die Mittel für den Kauf des Carolinenhofes stammten von seiner Mutter, Caroline von Freese, deren Großmutter Friederike von Freese, geb. Loesing, war. Der Carolinenhof wurde nach seiner Mutter (Caroline) benannt. Der Mathildenhof erhielt seinen Namen von seiner Ehefrau Mathilde, deren Mitgift für den Kauf verwendet wurde. Zuvor gab es die Adressen Drennhausen 1 für den Carolinenhof Drennhausen 2 für den Mathildenhof. Herr Dr. Georg von Eucken-Addenhausen hatte den Carolinenhof nicht selbst bewohnt, da hierfür ja der Sielhof zur Verfügung stand. Der Carolinenhof wurde von ihm in eigener Regie mit Verwaltern bewirtschaftet.

1929

Im Jahr 1929 wurde der Carolinenhof mit sämtlichem Inventar an eine Familie Reents verpachtet.

1939

Im Jahr 1939 folgte eine Familie Ommo Janhsen. Mariechen Janhsen lebte bis 1962 auf dem Carolinenhof, ihr Ehemann war im Krieg gefallen.

1942

Im Juni 1942 fiel an der Brücke über das Tief zum Carolinenhof eine Sprengbombe. Dieser wohl einzige Bombenschaden in Neuharlingersiel richtete nach einer Meldung von Bürgermeister Dirksen am Carolinenhof große Schäden an. Das Dach auf der Südseite wurde mit den noch heute sichtbaren Doppelfalzziegeln neu eingedeckt. Die alten mit Strohdocken verlegten Ziegel auf der Nordseite wurden später in den 80er Jahren durch Betonziegel ersetzt.

Im gleichen Jahr, also 1942, verstarb Dr. Georg von Eucken-Addenhausen und hinterließ seinem Sohn Wilko unter anderem den Carolinenhof.

Die nachfolgenden Bilder wurden in den 1950er Jahren gemacht. Sie stammen von Hermine Voss, geb. Janhsen, die im Carolinenhof geboren wurde und dort bis 1962 gelebt hat.

1962

Im Jahr 1962 wurde der Carolinenhof nicht länger verpachtet sondern von der Familie von Eucken-Addenhausen selbst bewirtschaftet. Ab 1962 wurde das Wohnhaus vermietet und die Scheune später als Reithalle genutzt. Auf der Südseite des Wohnhauses wohnte eine Familie Eden (die Eltern des späteren Bürgermeisters Eden) und auf der Nordseite eine Familie Wilhelms, später eine Familie, deren Namen nicht mehr bekannt ist.

1967

Im Jahr 1967 verstarb Wilko von Eucken-Addenhausen und hinterließ die Besitztümer einschließlich des Carolinenhofes seinem Sohn Hilmar.

1969

Das Wohnhaus wurde im Erdgeschoss zu Ferienwohnungen umgebaut. Im Obergeschoss waren Zimmer für die Geschwister von Hilmar von Eucken-Addenhausen, da inzwischen der Sielhof als Familienwohnsitz weggefallen war. Hilmar von Eucken-Addenhausen selbst lebte auf dem Mathildenhof. Seine Geschwister hatten Wohnrecht auf dem Carolinenhof und verbrachten hier in Neuharlingersiel zeitweise ihre Ferien. Beim Umbau des Wohnhauses 1969/1970 wurde der vorhandene Keller verfüllt und die Hauseingangstür nach Norden verschlossen.

1971

Im Jahr 1971 wurden auf dem Gelände des Carolinenhofes nach Norden, zum Altharlingersieler Tief hin, Ferienhausgrundstücke ausgewiesen. Das erste Ferienhaus auf dem Hofgrundstück ließ Hilmar von Eucken-Addenhausen selbst errichten und verkaufte es im gleichen Jahr an die Familie Loesing.

1978

Im Jahr 1978 trat Georg von Eucken-Addenhausen das Familienerbe an und übernahm damit auch den Carolinenhof von seinem Vater Hilmar.

1980 bis 1982

In den Jahren 1980 bis 1982 wurde im Süden des Carolinenhofes eine Reithalle in Stahlträgerbauweise direkt an die Scheune des Carolinenhofes angebaut. In die Scheune wurden Pferdeboxen eingebaut und im Zuge dessen wurde der Scheunengiebel, der neuen Nutzung entsprechend, neu aufgebaut. Die alten Steine wurden als Verblender wieder verwendet. Das Wohngebäude wurde auf die Nutzung als Reiterhof umgebaut. Es entstanden weitere Zimmer für Kinder, die hier Reiterferien verbrachten.

1985

Im Jahr 1985 wurde der Carolinenhof als Reiterhof von Alke von Eucken-Addenhausen, einer Schwester von Georg von Eucken-Addenhausen, übernommen.

2008

Im Jahr 2008 erwarb Niels Stolberg, ein Reeder aus Bremen (Beluga) und Großinvestor auf Spiekeroog, den Carolinenhof. Auf dem südlichen Hofgelände sollten zusätzliche Gebäude aufgestellt werden, um die Mitarbeiter seines Künstlerhauses und der Hotelbetriebe auf Spiekeroog während der Saison unterbringen zu können. Nachdem dieser Plan aus baurechtlichen Gründen scheiterte, sollte der Carolinenhof zu einem Hotel/Restaurant umgebaut werden. Auch dies warf erhebliche Schwierigkeiten auf, unter anderem auch in baurechtlichen Fragen, sodass daraufhin der Carolinenhof, der nicht unter Denkmalschutz steht, abgerissen und einige Meter versetzt als neues Hotelgebäude mit Nebengebäuden in Anlehnung an den alten Carolinenhof errichtet werden sollte.

2009

Im Laufe der Planungen wurde die Reithalle abgebaut; zurück blieb eine unansehnliche Bauruine.

2011

Im Jahr 2011 gerieten die Reederei Beluga, Bremen und Niels Stolberg in die Insolvenz. Es kam nicht mehr zu einer Baugenehmigung für den Neubau des Hotels/Restaurants. Der seit Ende 2009 leerstehende, zum Abbruch freigegebene Carolinenhof begann zusehends zu verfallen.

2012

Im Jahr 2012 stand der Carolinenhof zum Verkauf. Die Nachbarn Georg von Eucken-Addenhausen und Loesing erwarben ihn. Das Dach der Scheune wurde notdürftig repariert, um weitere Schäden zu vermeiden.

2013

Es steht fest: Der Carolinenhof soll nicht abgerissen werden. Nun werden Pläne gemacht.

2015/2016

Das Haupthaus des Carolinenhofes wird von oben bis unten, innen und außen saniert. Im Herbst 2016 startet die Vermietung der Ferienwohnung „Oll Köken“.

2018/2019

Der Umbau der Scheune des Carolinenhofes zu fünf Ferienwohnungen beginnt im Jahr 2018. Ab Juli 2019 können auch die Ferienwohnungen “Achterköken”, “Heet Sand”, “Lebennig Water”, “Warm Lucht” und “Peerstall” von Gästen bewohnt werden.